Wenn regionalpolitische Machtkämpfe ins Abseits führen

14. Juni 2013

Wenn regionalpolitische Machtkämpfe ins Abseits führen

In der vergangenen Junisession des St. Galler Kantonsrates ist ein regionalpolitischer Machtkampf neu entbrannt. Es geht um den Standort der Kantonsschule für die Bevölkerung des Toggenburgs und des Linthgebiets. Kantonsräte aus dem Toggenburg wollen mit der Interpellation „Kantonsschule Wattwil – Stand der Sanierung?“ von der Regierung wissen, warum die CHF 60 Millionen teure Sanierung und Erweiterung der Kantonsschule in Wattwil erst im Jahr 2024 (und nicht wie vorgesehen ab 2015) in Angriff genommen werden soll. Von Parlamentariern aus dem Linthgebiet stammt die Interpellation „Kantonsschule für das Linthgebiet?“, die vehement die Prüfung eines neuen Schulstandortes im Linthgebiet, beziehungsweise eine Lösung mit zwei Standorten, fordert. Die Politiker beider Regionen verlangen mit ihren Vorstössen Maximallösungen. Offensichtlich mangelt es an der nötigen Kompromissbereitschaft, obschon die Klärung der Standortfrage grosse Dringlichkeit hätte.

Es steht fest, dass aktuell rund zwei Drittel der Schüler täglich durch den Rickentunnel vom Linthgebiet ins Toggenburg pendeln. Das ist nicht ideal. Weiter weisen die Plastikeimer, die das aus der Decke rinnende Wasser in der Eingangshalle der Kantonsschule Wattwil auffangen sollen, schon seit einigen Jahren auf den akuten Sanierungsbedarf hin. Die Interpellanten aus dem Toggenburg und dem Linthgebiet lassen jedoch den zentralen Aspekt der desolaten finanziellen Lage unseres Kantons ausser Acht. Kurz- bis mittelfristig erscheint weder ein Neubau im Linthgebiet noch eine Sanierung inklusive Ausbau in Wattwil realistisch. Die Regierung hat dies mit ihrem zögerlichen Verhalten untermauert. Die Kantonsräte beider Regionen täten gut daran, sich gemeinsam für eine Verbesserung der aktuellen Situation ihrer Schülerinnen und Schüler einzusetzen und in Sinne einer Konsenslösung zumindest für die Sanierung der bestehenden Gebäude in Wattwil einzutreten. Senden die betroffenen Regionen weiterhin widersprüchliche Signale in Richtung Pfalz, vermag niemand zu gewinnen. Die Leidtragenden sind die angehenden Maturandinnen und Maturanden sowie die Lehrkräfte, die weiterhin unter schlechten und unwürdigen Bedingungen ihren Unterricht abhalten müssen.

Sandro Morelli, Präsident JCVP Linthgebiet, Benken
Ivan Louis, Mitglied SVP, Nesslau

(ehemalige Schüler der Kantonsschule Wattwil)